Tchibo: jede Woche eine neue Welt?

veröffentlicht am 7.03.05 von Stefan Freudenberg

Seit Ende letzten Jahres versucht die Kampagne für ‚Saubere‘ Kleidung (CCC) Druck auf den Tchibo-Konzern auszuüben, sich für bessere Arbeitsbedingungen bei seinen Zulieferfirmen im Textilbereich einzusetzen. Bei einem Zulieferer in Bangladesh, so die CCC, wurden Versuche der Arbeiterinnen und Arbeiter sich gewerkschaftlich zu organisieren mit Entlassungen unterdrückt, Löhne zu spät gezahlt und die Arbeitssicherheit stark vernachlässigt. Die CCC hat dazu aufgerufen von ihr entworfene Protestpostkarten an den Vorstand der Tchibo GmbH zu schicken.

Sowohl einige unserer Kundinnen und Kunden als auch wir selbst haben uns an dieser Aktion beteiligt und auch eine Antwort bekommen. In einem mit Tchibo unterzeichneten Schreiben vom Januar gibt das Unternehmen an, dass ihm bis heute keine Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte in Zulieferbetrieben bekannt seien. Tchibo habe einen Verhaltenskodex entwickelt, der für das Unternehmen und seine Geschäftspartner verbindlich gelte und unter anderem die Wahrung der Menschen- und Arbeitsrechte sowie ökologische Standards festschreibe.

Die Kampagne für ‚Saubere‘ Kleidung kritisiert in einem offenen Brief an Tchibo (nachzulesen auf der Kampagnen-Homepage) nun, dass der Verhaltenskodex nicht der ILO-Konvention entspricht und einer unzureichenden Kontrolle unterliegt. Gisela Burckhardt von der CCC-Trägerorganisation Terre des Femmes schreibt: „Sie behaupten, dass Sie im Falle von Arbeitsrechtsverletzungen ‚gemeinsam mit den Produzenten daran arbeiten, diese künftig zu verhindern‘. Lokale Unternehmer sagen das Gegenteil, nämlich dass Tchibo sich nicht für Sozialstandards interessiert.“

Um die Kampagne zu unterstützen und herauszufinden, ob Tchibo seine soziale Verantwortung wirklich Ernst nimmt, haben wir einen Brief mit folgendem Inhalt an das Unternehmen geschrieben. Auf eine Antwort sind wir gespannt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom Januar. Darin heißt es: „Wir versichern Ihnen, dass die von Ihnen angenommenen Arbeitsverhältnisse, die bei Tchibo Zulieferern in Bangladesh angeblich herrschen sollen, nicht korrekt sind.“ Ihre Bestätigung inkorrekter Arbeitsverhältnisse entspricht unserer Einschätzung und aus diesem Grund haben wir uns an der Protestaktion der Kampagne für ‚Saubere‘ Kleidung beteiligt.

Sie geben weiter an, Meldungen über Verstöße gegen Arbeits- und Menschenrechte in Betrieben Ihrer Zulieferer nachzugehen. Dies wäre sicher im Sinn der Menschen, die für Sie produzieren. Bitte informieren Sie uns darüber, welche Schritte Sie unternommen haben, um die Anschuldigungen gegen Ihren ehemaligen Zulieferer Urmi Garments zu überprüfen!

Darüberhinaus fragen wir uns, was die Konsequenzen eines solchen Verstoßes wären. Die von der CCC beschriebene Praxis, Zulieferbetriebe häufig zu wechseln, fördert nicht die Bereitschaft der Zulieferfirmen höhere Arbeitsstandards anzustreben. Im Gegenteil: Die Firmen müssen damit rechnen, dass Aufträge ausbleiben, wenn der Stückpreis zum Beispiel durch höhere Lohnkosten steigt. Verstöße gegen die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter wirken sich wiederum nicht negativ auf das weitere Geschäft aus, weil danach, wie Sie wohl zugeben werden, bei der Auftragsvergabe nicht gefragt wird.

Wir schließen uns den Forderungen der CCC im offenen Brief an Ihr Unternehmen vom 27.1.2005 an. Nachdrücklich weisen wir darauf hin, dass die von Ihnen erwähnten Kontrollen des Verhaltenskodex durch „neutrale unabhängige Zertifizierungsinstitute“ nicht ausreichen. Damit Sie und Ihre Kundinnen und Kunden verlässliche Informationen über die Zustände bei Ihren Zulieferern erhalten können, müssen Sie auch Kontrollen durch Organisationen zulassen, welche die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter vertreten.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Freudenberg
für den Weltladen Konstanz